Die Welt ist im Wandel. Das betrifft das Karpfenangeln genau so, wie andere Lebensbereiche. Es betrifft das Private, ebenso sehr, wie das Berufliche. Und dieser Wandel durchzieht sämtliche Altersgruppen und Bevölkerungsschichten – ob man nun will, oder nicht. Tatsache ist: Fast kein Bereich, der nicht in der ein- oder anderen Weise von der Neu-Orientierung betroffen wäre. Diese Neuorientierung versteht sich als Reaktion auf das geänderte Tempo, mit dem – angetrieben durch die Digitalisierung – Veränderungsprozesse ausgehandelt- und umgesetzt werden. Corona trug sein Übriges dazu bei – und legte die Veränderungsfelder wie ein Brennglas offen.
Messen im Wandel der Zeit: Messen zwischen Innovation und Tradition
Sicherlich hat dieser Wandel immer mehrere Seiten. Groß ist die Angst, dem Tempo nicht mehr gewachsen zu sein – und über kurz oder lang abgehängt zu werden. Entsprechend unterschiedlich sind die Reaktionen darauf. Mal optimistisch und zuversichtlich, mal reaktionär oder gar von Skepsis getragen. Die Wirklichkeit ist schließlich komplex – und die Menschen verschieden. Und so dürfte auch die Schlagzeile, die die Redaktion unlängst erreicht, nicht nur für lachende Gesichter sorgen, sondern auch für Stirnrunzeln sorgen, das bis hin zur Verärgerung reicht. Fürwahr: Es ist eine Schlagzeile auf dem schmalen Grat zwischen Zuversicht und der Hoffnung auf Innovation auf der einen- und Entrüstung über das Aufopfern einer lieb-gewonnen Tradition auf der anderen Seite.
Das Ende der Messe in Berlin?!
Diese Schlagzeile lautet sinngemäß: Die seit 2004 etablierte Karpfenmesse, die Carp Expo in Paaren/Glien – besser bekannt als Messe Berlin – wird es in der bisher da gewesenen Form nicht mehr geben. Das hat Messebetreiber Marcus Sippel-May nunmehr in einem Interview mit Thilo Schulze bekannt gegeben.
Eine kleine Messegeschichte: Marcus Sippel-May berichtet
Der Reihe nach: Wie Marcus im Interview verrät, war die traditionsreiche Messe bereits im Vorfeld ihrer erstmaligen Austragung im Jahre 2004 von der Idee getragen, den Karpfenanglern im ostdeutschen Raum eine Möglichkeit zum Austausch mit Gleichgesinnten zu geben – einhergehend mit dem Ansatz, mit den Produkten auf Tuchfühlung zu gehen. Man bedenke hier schließlich, dass seinerzeit das Internet noch in den Kinderschuhen steckte, zumal auch die Infrastruktur und Vernetzung lange nicht so ausgeprägt war, wie heute. Entsprechend groß war die Nachfrage – nicht nur in Bezug auf die Produkte, sondern auch danach, sich mit seinesgleichen zum Fachsimpeln zu treffen.
Hinzu kam die Erkenntnis, dass sämtliche Messen zu jener Zeit – Bonn, Braunfels, Bad Saulgau, Hannover – alle im Westen der Republik verortet waren. Das grenzte allerdings viele Angler in den neuen Ländern vom Szene-Geschehen aus. Umso größer war daher der Wunsch – die Notwendigkeit – einen Messe-Ort zu schaffen, der für die betreffende Anglerschaft aus den neuen Ländern mit einem zumutbaren Anfahrtsweg einherging. Und dieser Ort war eben seit 2004 Paaren/Glien.
Die Entwicklung der Messe liest sich seitdem wie die Fortschreibung einer Erfolgsstory: Anfänglich noch aus Bierzelt-Garnituren zusammengeschustert, drapierten ursprünglich 22 Händler ihre Boilies und ihr Tackle auf selbigen. Was anfänglich noch ein Geheimtipp für die regionale Szene war, entwickelte sich bald zu einem Event, das immer mehr Aufmerksamkeit auf sich zog und entsprechend wuchs. Hatte man anfänglich noch mit 2 der 3 zur Verfügung stehenden Hallen Vorlieb genommen, so waren es später alle 3. Die Halle, die vorher noch als Vortragsraum gedient hatte, wurde im Zuge ständig steigender Besucherzahlen in den Folgejahren sukzessive zum weiteren Ausstellungsraum umfunktioniert.
„Carp Expo Elbe Oder Spree“ ersetzt „Carp Expo Berlin“ – Zu den Beweggründen
Dieser Wachstum ist es schließlich auch, der nunmehr den Bogen zur Gegenwart zurück spannt: Im Interview mit Thilo Schulze zeigt sich Marcus Sippel-May sichtlich besorgt um die Beherrschbarkeit der Besucherströme, die die Messehallen in den letzten Jahren aufgesucht – regelrecht „geflutet“– haben. Die Kapazitäten der Hallen, in denen sich immer mehr Händler und Besucher auf engstem Raum begegneten, waren schlichtweg ausgeschöpft – was der Nachfrage jedoch keinen Abbruch tat. Das Platz-Problem nahm langsam Kontur an….
Spätestens die Wiederaufnahme der Messe nach zweijähriger Corona-Pause hat dann zutage gefördert, was Marcus Sippel-May schon in den Vorjahren kommen sah: Die 18. Messe – die ohne zweijährige Zwangspause eigentlich dem 20-Jährigen Jubiläum entsprochen hätte – hat zutage gefördert, dass es schlichtweg aus Sicherheitsgründen nicht mehr tragbar war, die Messe weiterhin in Paaren/Glien auszutragen. Kaum auszudenken, was im Falle einer Massenpanik passieren könnte…Damit war für die Veranstalter die Entscheidung besiegelt, die Messe in Berlin – jedenfalls unter diesen Vorzeichen und in der bisherigen Form – zu canceln.
Ein leeres Blatt: Magdeburg als neuer Austragungsort
Damit geht zugleich eine gute Nachricht einher: Der Wegfall der Messe in Berlin bedeutet nicht, dass die Messe ganz gecancelt würde. Sie zieht schlichtweg um. Der neue designierte Veranstaltungsort: Magdeburg – mit größeren Hallen und mehr Möglichkeiten. Kurz: Die Carp Expo Magdeburg. Einen Vorgeschmack davon kannst du im Video zum Messe-Update sehen. Genau diese Räumlichkeiten sind es nämlich, in denen Marcus und Thilo ihr Interview durchführen – als Vorgeschmack auf das, was da kommen mag. Mit Magdeburg als neuem Austragungsort ist jedenfalls der ursprünglichen Idee genüge getan, einen Austragungsort im Osten der Republik zu schaffen.
Da schließt sich wieder Kreis zur schmalen Gratwanderung: Der Tradition verpflichtet und gleichzeitig dem neuen gegenüber aufgeschlossen, versteht sich die neue Messe in Magdeburg als Chance der Neugestaltung – eine grüne Wiese mithin –, die allerdings notwendig mit der Tradition bricht. Die Gratwanderung, die es nun auszugestalten gilt, ist die Kehrseite der Innovation.
Wir dürfen gespannt sein, was der neue Veranstaltungsort für Chancen und Möglichkeiten bietet und – entscheidender noch : wie er von den Besuchern angenommen wird. Die Planungen sind bereits in vollem Gange. Den Rest wird die Zeit zeigen.