Mehrere Tonnen tote Fische schwimmen auf der Oberfläche. Saugfahrzeuge ziehen Fischkadaver für Fischkadaver in sich hinein, als wären es braune Blätter, die im Herbst die hiesigen Straßen bedecken. Doch es sind tatsächlich tote Fische. Lebewesen, die in der letzten Woche ihr Leben lassen mussten und qualvoll erstickten. Ihrem Lebensraum wurde der Sauerstoff abgedreht und plötzlich kippte das Ökosystem. Wir sprechen vom Aasee in Münster in Nordrhein-Westfalen.

Das Aasee-Fischsterben – Überall tote Fische? - Aasee
Sehr flach – perfekt im Frühling

Einem Gewässer, das seit vielen Jahren nicht nur Passanten, Spaziergänger und Freizeitlustige heranzog. Auch Karpfenangler fanden sich hier seit vielen Jahren immer wieder ein, um ihr Hobby auszuleben. Fische über 15 Kilo und auch über 20 Kilo waren schon vor 15 Jahren zu fangen. Doch was seit letzter Woche überhaupt noch im See schwimmt, das können selbst die Spezialisten nicht prognostizieren. Eins ist in jedem Fall klar. Das Ökosystem des Aasees ist für Jahre wenn nicht Jahrzehnte zerstört und es bedarf einer hohen 5- wenn nicht sogar 6-stelligen Summe, um den Fischbestand wieder aufzubauen.

Das Aasee-Fischsterben – Überall tote Fische? - Aasee
Der Fischbestand – qualvoll erstickt

Was ist am Aasee in Münster passiert?

Die Hitzeperiode hat das Wasser des Aasees und vielen anderen Gewässern in den letzten Wochen extrem aufgeheizt. Das kommt in den Sommermonaten immer wieder mal vor und ist stückweise auch ganz normal. Der rund 40 ha große See ist laut Angaben der Stadt Münster maximal 2 m tief, was eine klare Aufteilung der Wasserschichten unmöglich macht. Zum kritischen Zeitpunkt betrug der Wasserstand des eutrophen Sees ca. 60-80 Zentimeter unter Normalstand, was die Situation weiter verschlechterte.

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Wer trägt die Verantwortung?

Die Nährstoffe sind bei flachen Seen in allen Wasserschichten verfügbar, was Algenwachstum und nachts Sauerstoffdefizite in allen Schichten verursacht. Anders also als bei Seen mit größeren Tiefenbereichen, wobei auch diese Seen vor solchen Vorfällen nicht geschützt sind. Dies scheint nun auch in der letzten Woche am Aasee geschehen zu sein. Am Mittwoch konnten laut der Stadt Münster (Offizielle Pressemitteilung der Stadt Münster) noch überdurchschnittliche hohe Sauerstoffsättigungen von 12 bis 14 Milligramm pro Liter Wasser gemessen werden. Das klingt ja zunächst einmal sehr gut. Allerdings stellt sich uns die Frage, ob sich bei derart hohen Wassertemperaturen, wie sie vermutlich auch am Aasee in der letzte Woche herrschten, das Aasee Wasser überhaupt so viel Sauerstoff binden kann. Am gestrigen Sonntag lag die Wassertemperatur zwischen 26 und 27°C. Nach eigenen Recherchen und Überprüfung der Aussage sind wir auf folgende Darstellung der Uni Erlangen gestoßen. Wenn wir die Aussagen der Verantwortlichen und unsere Recherchen nun übereinander legen, so kommt es in unseren Augen zu einigen Unstimmigkeiten.

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Konnte man es nicht vorhersehen?

Schaut man sich einmal das Verhältnis Wassertemperatur zur Sauerstoffaufnahme an, so sieht man, dass je wärmer das Wasser wird, immer weniger Sauerstoff aufgenommen werden kann. 12-14 Milligramm pro Liter Wasser bedeutet bei einer Wassertemperatur von 26° und dem passenden Luftdruck, theoretisch gesehen mehr als 100% Sättigung. Okay, bei uns kommen irgendwie Zweifel auf, ob die Sättigung in der letzten Woche tatsächlich so hoch lag. Konnte dieses Drama vielleicht schon viel früher gesehen werden?

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3 Tage nach dem Unglück – See leer, Container voll

Die Situation kippte in der Nacht zum Donnerstag. Diese Situation konnte nach Angaben in der offiziellen Pressemeldung der Stadt zu keinem Zeitpunkt vorhergesehen werden. Bereits in den Vorjahren kam es allerdings immer wieder zu kritischen Situationen am Aasee. Konnte bei diesen Temperaturen eine derartige Situation wirklich nicht in Betracht gezogen werden? Auch dieser Artikel bestätigt, dass bereits im Juli der Wasserstand des Sees beachtlich gesunken war. Das ist bei einem derartig anfälligen flachen Gewässer ein zusätzlicher Faktor, der die Brisanz noch weiter in den Fokus rückt. Vor einigen Tagen berichtete die Stadt Münster darüber, dass Hundebesitzer aufpassen und ihre Hunde nicht im Blaualgen-verseuchten Aasee schwimmen lassen sollten.

Das Aasee-Fischsterben – Überall tote Fische? - Aasee
Der Aasee – als die Welt noch in Ordnung war…

Ist bereits zu diesem Zeitpunkt nicht gesehen worden, dass es bei einem Unwetter eventuell zu einem kritischen Sauerstoffgehalt kommen könnte? Wie man in der Pressmitteilung der Stadtmünster schildert, wird sich die Situation in einigen Tagen verbessern – jedenfalls für den Befall von Blaualgen. Kommt es zu einem Unwetter meint man vielleicht, dass nun mehr Sauerstoff ins Wasser gelangt, ist theoretisch auch so. Allerdings bricht die Algenblüte jetzt zusammen und die Blaualgen werden von der Oberfläche aus nach unten gedrückt und dort durch Bakterien zersetzt, die wiederum verbrauchen dabei viel im Wasser gebundenen Sauerstoff. Zusätzlich würden Stoffe in den See gespült, deren Zersetzung ebenfalls O2 fressen. Die Blaualgen, die im Wasser des Aasees grünlich schimmern, lösen bei Menschen und Hunden zwar Reizungen aus und sind für Fische unter Umständen auch gefährlich, produzieren allerdings gleichzeitig tagsüber auch wichtigen Sauerstoff. Das ist in einem See, der ohnehin jedes Jahr droht „umzukippen“, von großer Bedeutung. Das was in der PR-Meldung der Stadt Münster für Hundebesitzer also positiv ausgelobt wird, bedeutet für die Bewohner des Sees nichts Gutes.

Durch das Zersetzen der Algen verbrauchen diese den im Wasser gebundenen Sauerstoff noch schneller. Diese Situation trat in der letzten Woche dann tatsächlich ein. Der Gehalt an Sauerstoff sank nach einem Unwetter innerhalb kürzester Zeit unter die Schwelle von 2 Milligramm pro Liter und noch tiefer. Mit einem Schlag bekamen die Fische und auch andere Lebewesen keine Grundlage mehr zum Atmen und erstickten. Das Resultat ist die Gegenwart. Tote Fische und ein wohl für die nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, zerstörtes Ökosystem. Das tragisches Ende einer Ära und einem hervorragendem Gewässer, nicht nur für Karpfenangler.

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Der See ist für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte geschädigt.

Am Ende bleiben viele Fragen offen und einige Sachverhalte aus unserer Sicht ungeklärt. Besonders stellt sich die Frage, ob man nicht hätte viel früher reagieren müssen und nicht erst dann, wenn bereits 80% des Fischbestandes am Verenden waren. Diese Fragen werden und müssen sich sicherlich auch die Verantwortlichen stellen. Heute findet eine Krisensitzung statt. Wir sind gespannt, was das Ergebnis sein wird. Lassen wir die Kosten einfach mal bei Seite, bleibt im Fokus, dass hunderttausende Lebewesen ihr Leben lassen mussten. Traurig!

Eure Meinung ist uns wichtig 

Wie siehst du das Thema? Wir regelt ihr das an euren Gewässern? Schreib deine Meinung gern unter diesen Beitrag bei Facebook oder schick uns eine E-Mail an info@twelvefeetmag.de

Quellen

  • Stadt Münster
  • Uni Erlangen
  • Westfälische Nachrichten
  • Zeit online
  • Ansässige Karpfenangler