Irgendwann kommt für jeden Karpfenangler der Zeitpunkt, an dem man sich neue Ziele sucht. Bislang hat man gut gefangen und es waren auch schon einige schöne Karpfen dabei, doch gezielt auf einen bestimmten Seebewohner zu angeln, dass ist das nächste Level in Punkto Herausforderung. Mike Belt, passionierter Karpfenangler aus den Niederlanden, nahm sich dieser Aufgabe an und erzählt in den folgenden Textzeilen von seinem magischen Fang.
Ein Fully als Ziel
Jeder Angler kennt das Gefühl – das Streben nach diesem einen, einzigartigen alten Fisch, der einem den Atem raubt. Ein solcher Fisch sollte in meinem anvisiertem Gewässer seine Bahnen ziehen. Dieser Karpfen galt nicht als Gewichtsmonster, war aber auch kein Satzkarpfen mehr, sondern ein stattlicher Fisch zwischen 20 und 30 Pfund. Das Gewicht war hierbei auch nicht wirklich wichtig, sondern die wahre Schönheit lag in seinem Erscheinungsbild. Dieser Fisch hat eine gold-braune und eher dunkle Färbung und seine Seiten waren gespickt mit einer Maserung von Schuppen, die so groß wie Apfelscheiben sind. Ein wahrhaftiger Fully also, wie man ihn nur noch selten in unseren Breitengraden findet! Trotz des großen Angeldrucks an diesem See schmiedete ich einen Plan, der auch schon bald in die Tat umgesetzt werden sollte.
Die ersten Sessions
Nach den ersten Kurz-Sessions bei gleichzeitig kontinuierlichem Futter-Eintrag meinerseits konnte ich zwar ein paar tolle Angeltage verbuchen, der begehrte Fully fand bislang aber keinen Gefallen an meinem Hakenköder und auch sonst wurde eher schlecht als recht am See gefangen. Es war schließlich wieder mal ein Freitagabend, an dem ich beschloss, gegen 19 Uhr zum See zu fahren. Zum Glück war mein favorisierter Spots nicht besetzt und rasch hatte ich mich in Stellung gebracht. Langsam aber sicher legte sich die Dämmerung sanft über das Wasser und in mir stieg ein Mix aus Spannung und Vorfreude empor, wie sie wohl jeder Karpfenangler nur zu gut kennt.
Die Nacht verlief ruhig und still, während der Mond silbern auf den Wellen glitzerte. Als ich am frühen Morgen die Augen öffnete und einen Blick auf die glitzernde Oberfläche warf, spürte ich sofort, dass hier etwas in der Luft lag. Plötzlich hörte ich meinen Angelkumpel aufgeregt rufen: „Fisch!“ War das das Startsignal? Ein herzklopfendes Gefühl breitete sich in mir aus. Vielleicht war es endlich soweit, die Karpfen schienen wieder in Fresslaune zu verfallen. Doch sollte auch meinem Zielfisch der Magen knurren?
Während ich genüsslich den ersten Kaffee des Tages zubereitete, bemerkte ich, dass meine eine Rute plötzlich an Spannung verlor. Seltsam, dachte ich…bei plötzlichen auftretenden Windböen kann die Schnur ja schon einmal durchfallen, aber jetzt war kein wirklicher Luftzug zu vernehmen…könnte das etwa ein Biss sein? Mein Herz begann nun immer schneller zu schlagen, als ich die Schnur genau im Auge behielt. Ich überlegte hin und her und schlussendlich nahm ich die Rute auf, kurbelte die lose Schnur ein und bemerkte plötzlich Bewegung am anderen Ende – Bingo!
Der Tanz begann und mir zitterten die Knie. Nach mehr als 30 Minuten Drill tauchte der Fisch schließlich aus der Tiefe auf. Unglaublich! „Ich glaube, das ist der Fully!“, rief ich meinem Kumpel zu, während sich ein Adrenalinschub durch meinen Körper zog. Die Spannung und Emotionen steigerten sich ins Unermessliche – dieser Moment fühlte sich wie ein Traum an. Schließlich, nach einem intensiven Kampf von fast 50 Minuten, gab der Fisch nach und war bereit, sich zu zeigen. Wahnsinn – ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich es bereits in meiner vierten Session schaffen würde meinen Zielfisch zum Anbiss zu überreden.
Nach der Landung machten wir schnell ein paar Bilder und entließen diesen wunderschönen Charakterfisch wieder in sein angestammtes Habitat. Ich saß noch ein paar Minuten da und war sprachlos, schaute auf die kurz zuvor geschossenen Fang-Bilder und wusste, diesen Moment werde ich wohl nie vergessen!
Auf viele weitere unvergessliche Fänge und das Abenteuer, das uns noch bevorsteht!