Ein Artikel von Marcel Geritzen

10 Minuten Lesezeit

Der Herbst –

Wahre Sternstunden am Wasser

Es weht ein Stürmischer Wind. Das Wasser schlägt Wellen und es bilden sich Schaumkronen. Die Temperaturen fallen langsam aber stetig – über Wasser als auch unter Wasser. Die Bäume verlieren ihre ersten Blätter. Das dichte Grün lichtet sich und verfärbt sich zu einer atemberaubenden bunten Landschaft. Dazu kommt ein Tiefdruckgebiet mit einem Regenschauer nach dem anderen. Die meisten Angler bleiben vermehrt zuhause und der Druck an den Gewässern sinkt. Das ist der Herbst. Genau meine Zeit, die ich so sehr liebe und auf die ich mich Jahr für Jahr freue. Wer jetzt mit der richtigen Taktik angreift, kann wahre Sternstunden am Wasser erleben.

Der Herbst ist eine sehr erfolgreiche – wenn nicht sogar die erfolgreichste Zeit des Jahres für mich. Meist fange ich schon sehr früh im Sommer an, diese Zeit zu planen und wenn es möglich ist, die Stellen dafür vorzubereiten. Mit dem zunehmenden Abfall der Wassertemperatur kommen unsere Freunde noch mal so richtig in Wallung. Die Wasserpflanzen mögen die kalte Zeit nicht und sind in den flacheren Bereichen im See immer seltener anzutreffen. Somit fällt eine große Nahrungsquelle der Karpfen weg und sie suchen den Weg ins tiefere Wasser, wo sie noch mal so richtig aufdrehen. Aber warum? Sie legen sich jetzt ihre Reserven für den Winter an, damit sie gut über die kalte Zeit kommen. Durch die fallenden Wassertemperaturen und die Herbstwinde wird ein höherer Anteil an Sauerstoff im Wasser gelöst. Dies animiert die Fische zusätzlich, richtig viel zu fressen. Begünstigt durch die immer weniger werdende natürliche Nahrung im Gewässer, verfallen sie vermehrt in einen wahren Fressrausch und es herrscht ein richtiger Ausnahmezustand am Futterplatz, da der Futterneid aufkommt und jeder soviel wie möglich vom gedeckten Tisch abbekommen will. Wie gehe ich im Herbst vor, um auch erfolgreich zu sein?

Zunächst suche ich mir einen geeigneten Spot für mein Vorhaben aus. Dieser sollte für mich abseits von anderen Anglern liegen, um auch ungestört zu sein, wenn ich mich dazu entscheide, einen Langzeitfutterplatz aufzubauen – sofern es die Regeln an dem jeweiligen Gewässer zulassen. Zudem sollte er so gelegen sein, dass ich die Möglichkeit habe, verschiedene Gewässertiefen befischen zu können, um auf die Gegebenheiten im Herbst auch gut reagieren zu können, wie Luftdruck und Wetterphase. Ideal wäre es auch, wenn man ein Areal befischen kann, wo Totholz im Wasser liegt. Denn je weiter das Jahr voranschreitet, umso mehr ziehen sich die Fische in ihre Winterunterstände zurück, wobei es sich meist um Bereiche mit Totholz handelt.

Der richtige Spod –

Gegebenheiten im Herbst berücksichtigen

Wer mit Bedacht sät, kann später eine reichliche Ernte erwarten

Habe ich mich für einen Spod entschieden, kommen wir zur Futterwahl und der richtigen Taktik. Ein sehr spannendes Thema, mit dem ich mich schon seit geraumer Zeit intensiv beschäftige. Ein Grund warum die meisten Angler im Herbst nicht mehr am Wasser anzutreffen sind, ist weil sie genauso vorgehen wie im Sommer. Im Frühherbst kann man damit vielleicht noch erfolgreich sein. Aber mit der Zeit sollte man sein Handeln überdenken, um auch erfolgreich zu bleiben. Mein Motto: Wer mit Bedacht sät, kann später eine reichliche Ernte erwarten. So teile ich mir meine Futterrationen gut ein und füttere immer weniger, je kälter das Wasser wird. Wähle ich die Option, einen Futterplatz aufzubauen, kontrolliere ich täglich den Platz, um sicherzugehen, dass das eingebrachte Futter auch weggefressen ist. Dies kann man auf unterschiedliche Art und Weise machen, z.B. mit einer Unterwasserkamera. Ich verlasse mich aber auch auf andere Futteranwärter wie Blässhühner. Ihre An- oder Abwesenheit zeigt einem, ob der Platz leergefegt wurde oder ob noch Futter liegt. Zudem verraten sie auch Futterplätze und -mengen anderer Angler, wenn man mit offenen Augen um das Gewässer geht.

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„Je kälter das Wasser, desto weniger Futter setze ich ein. Die Rechnung ist einfach, aber oftmals bleibt sie unbeachtet – leider!“

Erreicht das Wasser die 10 Grad Marke, habe ich nur einen kleinen PVA Stick am Hakenköder mit einigen gecrushten Boilies und Stickmix, um den Bereich am Hakenköder attraktiv zu halten. Zudem achte ich auch stets darauf, ob ich noch Mitfütterer am See habe und passe dann auch meine Futtermenge an. Bringt man regelmäßig kleine Mengen gut verdauliches Futter an den Spot, schwimmen die Fische regelmäßig den Platz an, was gerade an stark befischten Gewässern ein absoluter Trumpf ist. Diese Anpassung der Futtermenge hat mir in vergangener Zeit schon den einen oder anderen dicken Bonusfisch gebracht.

Bei der Futterwahl achte ich stets darauf Köder zu verwenden, die von den Fischen schnell und gut verstoffwechselt werden können. Daher bestehen meine Boilies im Herbst aus einem hohen Anteil an Proteinen und Fetten und nur zu einem geringen Anteil aus Kohlenhydraten. Damit fällt die Wahl z.B. auf den NG Squid Boilie aus dem Hause Pro Line. Er besteht aus einem hohen Anteil an LT Fischmehl und zu 32,8% aus Proteinen. Das Fischmehl begünstigt zudem, dass der Boilie auch im kalten Wasser noch schnell und gut arbeitet. Ihn fische ich zudem meist als Schneemann mit einem Magic Mango oder Coconut Milk Pop-Up. Auch der NuTrition hat durch Erdnussmehl, Vitamelo und Vanille Powder einen guten Protein- und Fettgehalt.

Die Boilies füttere ich gerne in den verschiedensten Größen von 15 mm über 20 mm bis hin zu 25 mm, um Vielfalt und Abwechslung zu bieten. Das gewährleistet auch, dass für die großen Fische auf jeden Fall etwas übrigbleibt, wenn sie auf den Platz kommen. Dies kann sich durchaus hinziehen, da sie sich meist eher abseits vom Geschehen aufhalten, um ungestört fressen zu können. Oft fange ich am Anfang der Session die kleineren Fische und kehrt dann auf einmal Ruhe am Futterplatz ein, sind meist die Größeren da.

Um die Attraktivität am Spot zu erhöhen, füttere ich sehr gerne noch einen Partikelmix. Mein Partikelmix besteht zu gleichen Anteilen aus Mais, Weizen und Hanf. Partikel liefern dem Karpfen zudem noch durch ihren hohen Kohlenhydratanteil Energie. Wichtig ist aber, dass die Partikel gekocht werden, anstatt sie nur aufquellen zu lassen. Denn je weicher die Partikel sind, desto schneller kann der Karpfen sie verstoffwechseln.

Zudem füttere ich auch gerne Pellets in verschiedenen Größen. Diese passen vom Nähwertgehalt super in die Jahreszeit und locken zusätzlich die Fische an. Gerade bei Instant-Sessions. In den verschiedensten Größen lösen sie sich nach und nach auf. So entsteht immer eine konstante, attraktive Wolke unter Wasser. Bedingt durch das Öl, das austritt, steigt dieses auch in jede Wasserschicht auf und es entsteht eine Futtersäule.

Gerne verwende ich auch verschiedene Liquids, die ich meist mindestens 24 Stunden vor dem Ansitz über die Boilies gieße. So können die Boilies das Liquid aufsaugen und unter Wasser geben sie die Attraktoren konstant wieder frei. Damit entsteht eine verführerische Lockwirkung, die in die verschiedensten Wasserschichten aufsteigt. Zusätzlich gebe ich nach Bedarf noch etwas trockenen Stickmix in den Eimer mit den gesoakten Boilies und mische dieses gut durch. Der Stickmix löst sich unter Wasser dann langsam von den Boilies ab und verstärkt die lockende Wirkung. Das mache ich meist, wenn ich mal spontan ans Wasser fahre und mir keine Zeit im Vorfeld bleibt, einen Platz vorzubereiten, oder an Gewässern, wo das Regelwerk es nicht erlaubt, Stellen vorzubereiten.

„Ich setze gerne Pellets ein. Verschiedene Größen spielen mir hier in die Karten. Sehr gut funktionieren Pellets, wenn man sie instant einsetzt.“

Eine gute Alternative zu Boilies sind zudem Tigernüsse. Doch was machen Tigernüsse eigentlich so fängig und produktiv? Sie sind durch den hohen Zuckergehalt relativ süß. Zucker gibt den Karpfen zusätzlich Energie. Zudem haben sie einen hohen Fettgehalt, den die Fische für den Winter brauchen. Fett ist zusätzlich noch ein super Geschmacksträger. Bedingt durch die kleine Größe entsprechen sie der natürlichen Nahrung ziemlich gut und aufgrund ihrer Härte haben sie eine Gewisse Scheuchwirkung auf andere Fische wie Brassen. Da die Brassen die Nüsse kaum geknackt bekommen, sind sie uninteressant und werden liegen gelassen. Der Karpfen hingegen bekommt die Nüsse problemlos geknackt.
Die Tigernüsse balanciere ich gerne mithilfe von Kork oder einem Fake Maiskorn aus und lege die Rute etwas abseits vom Futterplatz ab, um den einen oder anderen Fisch zu überlisten.

Das Wetter und der Luftdruck spielen in meiner Angelei im Herbst auch eine große Rolle und haben einen wichtigen Stellenwert gefunden. Jedoch gestalte ich meine Angelei nicht nur danach, da ich ans Wasser fahre, wenn ich Zeit und Lust habe. Wenn man jedoch die verschiedensten Wetterlagen im Auge behält, kann man Rückschlüsse ziehen, wann die beste Zeit ist, um auch einen der Dickeren abgreifen zu können. Nach dem Luftdruck entscheide ich mich, in welcher Tiefe die Montagen abgelegt werden. Ist der Luftdruck beispielsweise hoch bei z.B. 1030 Hpa und es herrscht eine milde, anhaltende Hochdruckphase, so platziere ich meine Montagen eher etwas flacher. Denn meiner Ansicht nach steigen die Fische in der Wassersäule weiter nach oben je höher der Luftdruck ist. Ist der Luftdruck tief und ein Tiefdruckgebiet hat Einzug gehalten mit Wind und Regen, platziere ich meine Montage tiefer. Ist die Wetterlage einige Zeit konstant mit einem mittleren Luftdruck aber mit der Tendenz fallend, decke ich alle Regionen ab von flach bis tief. Dies ist auch ein fast Garant, einen dicken Fisch abgreifen zu können. Meistens habe ich bei einer konstanten mittleren Luftdrucklage und einem Luftdruck von 1017 Hpa die meisten dicken Fisch in den Kescher befördern können.
Dies ist allerdings auch stark gewässerabhängig und nicht alle Gewässer und deren Bewohner reagieren gleich auf gewisse Wetterumstände. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, dieses im Auge zu behalten.

Je näher sich das Wasser der 4 Grad Marke kommt, desto träger werden die Fische und man kann nicht mehr mit heftigen Runs rechnen, da sie in den Energiesparmodus gewechselt haben. Oft bleibt ein Dauerton am Bissanzeiger aus und die Fische machen sich eher durch zunehmende Pieper und ein leichtes Wackeln der Rutenspitze bemerkbar.

„Der Luftdruck ist ein interessantes Thema. Jedes Gewässer gleich zu behandeln, wäre aber falsch. Erfahrungen sind auch hier wie so oft die Entscheidungsgrundlage“

Deswegen gilt es auch hier, die Montage den Gegebenheiten anzupassen. Habe ich im Sommer oder Frühherbst noch recht weiche Vorfachmaterialien und eher lange Vorfächer bis zu 40 cm verwendet, setze ich im Spätherbst auf kurze, steife. Dies ist von Vorteil, wenn die Fische nicht mehr so agil am Fressen sind und sich nur wenig bewegen, weil der Haken sich besser und schneller setzen kann. Außerdem ist bei den kurzen Vorfächern weniger Spiel, sodass die Fische den Köder nicht wieder ausblasen ohne gehakt zu werden. Es empfiehlt sich auch, mit ausbalancierten Ködern zu angeln, die nahezu schwerelos am Grund liegen. Denn kommt ein Karpfen vorbei und frisst einige wenige Boilies um den Hakenköder herum, saugt er den Hakenköder mit demselben Andruck an wie die drumherum liegenden Boilies. Somit fliegt das Rig förmlich ins Maul des Karpfen.

Das war ein kleiner Einblick in meine Herbst Angelei. Wer vielleicht ein paar Sachen berücksichtigt und die Klamotten nicht direkt bei dem ersten miesen Wetter einmottet, kann auch spät im Jahr bis sogar in den Winter hinein erfolgreich sein. Es ist nur Vertrauen in den Platz und Vertrauen in sein Tun gefragt – und etwas Durchhaltevermögen. Denn die Bisse und Fische werden weniger, aber dafür hat meist die Waage schwer zu heben. Was gibt es Schöneres, als einen klasse gefärbten Fisch vor einer atemberaubenden bunten Herbstlandschaft in die Kamera halten zu dürfen? Oder seinen morgendlichen Kaffee vor einer atemberaubenden Kulisse von dampfendem Wasser und Nebelfeldern zu genießen und zu beobachten, wie die Sonne sich mehr und mehr durch den morgendlichen Dunst kämpft? Deswegen ist man doch schließlich am Wasser, um seinen Kopf frei zu bekommen und mal komplett durchzuatmen und frei sein zu können, ohne den alltäglichen Stress auf der Arbeit. Einfach den Moment leben und genießen. Denn solche Momente sind wichtig, um neue Energie und Kraft tanken zu können.