Kurzsessions erfreuen sich bei vielen Karpfenanglern immer größerer Beliebtheit. Das kann verschiedene Gründe haben: Manchmal sind es schlichtweg begrenzte Zeitfenster, die eine Kurzsession im Lichte alltäglicher Verpflichtungen und Verbindlichkeiten als einzig-gangbare Option in Aussicht stellen.
Das muss aber nicht so sein! Richtig geplant und angegangen kann eine Kurzsession weitaus mehr sein, als eine halbseidene Verlegenheitslösung in Anbetracht äußerer Umstände; hier kann die Kurzsessions sogar zur ersten Strategie-Wahl werden. Das gilt zwar nicht für jede Jahreszeit und auch nicht grundsätzlich, aber eben unter gewissen Vorzeichen, die – jenseits äußerer Faktoren – im Einflussbereich des Anglers liegen. Das weiß auch Dastin Eichler, der die Kurzsession zur Kür erhebt und sich dabei die Vorzeichen der jeweiligen Jahreszeit zunutze macht.
Wie Dastin seine Kurzsessions angeht, erzählt er dir in den folgenden Zeilen aus erster Hand. Nur soviel vorweg: Die perfekte Kurzsession profiliert sich als eine Mischung aus guter Vorbereitung, Intuition, dem richtigen Tackle und dem Gespür für das richtige Gewässer zur richtigen Zeit. Wir übergeben das Wort an Dastin.
Die Zeichen der Zeit – meine Gewässerwahl für Kurzsessions
Das von mir frequentierte Hausgewässer ist ein öffentlicher, stark überlaufener Badesee inmitten einer Großstadt. Und dieses Setting ist es zugleich, das diesen See – jedenfalls zur warmen Jahreszeit – zur ersten Wahl für meine Kurzsession werden lässt. Warum, fragst du dich? Ganz einfach: Die äußeren Umstände einschließlich der Nähe zur Großstadt machen das Angeln in den warmen Monaten aufgrund von gewaltigen Menschenmassen, welche den See förmlich beschlagnahmen, sehr schwierig – um nicht zu sagen: unmöglich. Aus diesem Grund habe ich in diesen Zeiten Kurzsessions lieben gelernt.
Kurzsession: Eine Definitionsfrage?!
Aber was genau ist eigentlich eine Kurzsesssion? Wo-beginnt- und wo endet sie? Die Übergänge sind hier sicherlich fließend und liegen im Ermessen eines jeden einzelnen Anglers. Ich erlaube mir daher, meine Definition einer Kurzsession vorzunehmen – wobei meine Definition in den Augen vieler Angler vermutlich ein sehr enges Zeitfenster absteckt. Konkret: Mit Kurzsessions meine ich extrem kurze Ansitze von maximal vier Stunden in der Morgendämmerung.
Kurzsessions mit Plan und Ziel: Futterplatz-Grundlage schaffen
Um hier Erfolge zu verzeichnen, ist eine gute Vorbereitung essentieller, denn je. Was auf der einen Seite viele Chancen bietet, effektiv zu angeln, das steckt umgekehrt die Fallhöhe ab, sich keine Fehler zu erlauben. Schließlich fehlt es an der Zeit, etwaige Fehler auszubügeln.
Das ist auch der Grund, warum ich dieser Gefahr mit vorauseilendem Gehorsam begegne. Wenngleich das eigentliche Angeln zwar nur vier Stunden dauert – die Vorbereitung zieht sich über Monate hinweg. Will meinen: Ich greife hier auf einen über das gesamte Jahr präparierten Futterplatz zurück. Durch die bereits im Vorfeld erfolgte Konditionierung der Fische auf mein Futter wird das Angeln planbar und vorhersehbar – wobei sich die Zeitfenster, innerhalb derer sich ein Versuch am meisten lohnt, herauskristallisieren. Das setzt natürlich eine gewisse Regelmäßigkeit voraus, auf deren Grundlage sich gewisse Erfahrungswerte einstellen. Diesen Preis bin ich allerdings gerne bereit, für meine Kurzsessions zu zahlen, zumal meine anglerischen Erfolge diesem Ansatz recht geben.
Zur Ausrüstung: Leichtes Gepäck ist Trumpf
Neben der Aussicht auf tolle Fische innerhalb kurzer Zeitfenster liegt der wahre Mehrwert einer Kurzsession in der Leichtgängigkeit des Tackles. Und glaube mir: Die Reduktion des Tackles, die in einer Reduktion des Gewichtes resultiert, bringt einen erheblichen Mehrwert für die Motivation mit sich. Vor allem, wenn es darum geht, über einen längeren Zeitraum hinweg am Ball zu bleiben.
Was hier in Punkto Ausrüstung entfällt, ist all das, was das Nachtangeln an Zugeständnissen erfordert. Oder umgekehrt: Von der Aussicht auf Übernachtung befreit, kann ich mich nunmehr auf das Wesentliche konzentrieren – keine Liege, kein Schlafsack, noch nicht mal einen Stuhl. Für diese Art des Angelns werden lediglich Ruten, Kescher, Sling eine Abhakmatte und ein Carryall benötigt.
Auch beim Futter: Weniger ist mehr
Und wo wir schon beim Thema der Gewichtsersparnis sind: Die erstreckt sich nicht nur auf das Tackle, sondern auch auf‘s Futter: Da es sich hierbei um einen Langzeitfutterplatz handelt, kann ich auf Futterbeigabe während der Session verzichten. Das ist aus zwei Gründen sinnvoll und angezeigt: Einerseits kennen die Fische den Platz ja sowieso wie ihre Westentasche, andererseits kommen die Bisse meiner Erfahrung nach wesentlich schneller, wenn man am Angeltag selbst auf das Füttern verzichtet. Ein positiver Nebeneffekt dabei: Weniger Futter bedeutet weniger Gewicht. In Summe: Eine Win-Win-Situation für Angler und Fisch!
Der Verzicht auf Futter bedeutet umgekehrt eine umso größeren Konzentration auf die Attraktivität meines Hakenköders. Um schnelle Bisse zu verzeichnen, ist es meiner Erfahrung nach nie verkehrt, auf auffällige Hookbaits zu setzen. Insbesondere Pop-Ups haben bei dieser Art der Angelei mein Vertrauen gewonnen – durch den starken Kontrast werden sie von den Fischen schneller wahrgenommen.
Mein Tackle für Kurzsessions: Kreativität beim Transport
Mein Carryall versuche ich sehr leicht zu halten. Hierbei beschränke ich mich auf Endgame, ein sehr kleines Pod, Bissanzeiger, meine Hakenköder und meine Kamera inklusive Stativ. Des Weiteren eignet sich meine Proline-Abhakmatte ideal zum Transport meiner Wathose, meiner Sling sowie meines Keschers. Durch die praktischen Griffe an der Abhakmatte kann diese als Tragetasche dienen. Dadurch bekomme ich mein Tackle bequem ans Wasser. Bei Bedarf kann man an dieser Stelle noch einen Stuhl mitnehmen.
Mein Tipp: Aus 1 mach 3. Die Abhakmatte als Multitalent
Der Abhakmatte messe ich bei meinen Kurzsessions eine besondere Bedeutung bei, die weit über die ursprüngliche Funktion hinausgeht. Sogar in dreifacher Hinsicht: Erstens: Die Gestaltung des Sitzplatzes erfolgt in einfacher Weise durch Nutzung einer Abhakmatte – ich verzichte also auf einen Stuhl. Zugegeben: Aufgrund der eingeschränkten Sitzmöglichkeit ist nach dem ersten Fisch ein bequemes Sitzen nicht mehr möglich, was jedoch keine wesentliche Beeinträchtigung darstellt, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat. Zweitens: In den ersten Minuten nach Eintreffen am Angelplatz dient mir meine Abhakmatte als ideale Rutenablage – zumindest einstweilen. Im weiteren Verlauf der Session wird natürlich noch das Pod aufgebaut, jedoch gilt vor allem bei kurzen Sessions der Grundsatz „Zeit ist Fisch“. Drittens – na klar: Bestenfalls wird die Abhakmatte ihrem ursprünglichen Einsatzzweck zugeführt und sorgt für die sichere Bettung des Fisches beim Versorgen.
Ausblick: Der Mehrwert von Kurzsessions
Wer sich einmal an diese Entbehrungen gewöhnt hat, der wird umgekhert den Mehrwert dieser Art der Angelei zu schätzen lernen, zumal die Erfahrung zeigt, dass die Faszination dieser Art des Karpfenangelns mit der Zeit wächst. Es ist erstaunlich, auf wieviel man wirklich verzichten kann, wenn man sich auf das Wesentliche beschränkt. Im Vergleich zu einem Spinnangler mag das zwar immernoch viel sein, aber gemessen an dem, was das moderne Karpfenangeln gemeinhin mit sich führt, bin ich hier auf leichtem Fuße unterwegs.
Versuche es auch einmal – deine Motivation wird es dir danken – spätestens, wenn sich die ersten Erfolge einstellen. Ich hoffe, mein Beitrag konnte dir dazu als Inspiration dienen.
Dastin Eichler