Im folgenden Gastbeitrag erzählt Robert Schneider von den Unwägbarkeiten und Verbindlichkeiten, die ein Langzeit-Futterplatz im Herbst mit sich bringen kann. Da Robert noch keinerlei Vorerfahrungen auf diesem Gebiet hatte, sah er sich mit einigen Überraschungen-, aber auch Wendungen und Lerneffekten konfrontiert, für deren Nachzeichnung er euch direkt mit ins Geschehen nimmt. Dabei kommen auch die Zweifel und offenen Fragen, in denen sich vermutlich mancher wiederfindet, zur Sprache. Wir übergeben das Wort an Robert.
Ein Kapitel geht zu Ende
Für Viele ist der Winter gleichbedeutend mit dem Abschluss des Angeljahres. Man kommt langsam zur Ruhe und macht sich Gedanken. Man schmiedet Pläne und fragt sich, welche Trips im kommenden Jahr gestartet- und welche Zielfische beangelt werden sollen. Das ist alle Jahre wieder eine spannende Zeit. Doch dieser spannenden Zeit geht eine andere spannende Zeit voraus – der Herbst. Keine Frage: Für Viele ist der Herbst die absolute Lieblingszeit, um unser Hobby auszuüben. Denn was im Winter die Vorplanung für‘s neue Jahr darstellte, das sind im Herbst die Reize des Angelns selber. Das betrifft nicht nur die Aussicht auf dicke Fische, sondern auch die Natur-Schauspiele dieser besonderen Jahreszeit: Die Blätter verfärben sich und bieten spektakuläre Farbenspiele, die als Hintergrund für diverse Fischbilder genutzt werden. Der Nebel liegt in der Früh auf dem Wasser… Das Alles ist schon sehr reizvoll. Es bedeutet aber auch, dass man sich anglerisch auf diese besondere Zeit einstellen muss. Mit Blick auf die fallenden Temperaturen wird zum Beispiel die ein- oder andere zusätzliche Klamotten-Schicht benötigt.
Auch für mich sollte der Herbst dieses Jahr den Weg zu meinem Abschluss im Winter darstellen. Ich habe in diesem Jahr bereits im Herbst die Entscheidung vorweggenommen, dass ich im nächsten Jahr nicht mehr an diesem Baggersee angeln würde. Nach insgesamt 3 Jahren habe ich mich nunmehr dazu entschlossen, weiter zu ziehen. Ein neues Kapitel zu beginnen. Neue Gewässer und neue Pfade zu entdecken.
Zurück zur Gegenwart
Bevor wir uns zu sehr mit der Zukunft beschäftigen, richten wir lieber den Blick auf meine anglerische Gegenwart. Es ist Anfang September und ich sitze am Ufer meines bekannten Baggersees. Eine spontane Nacht zwischen den Arbeitstagen. Der Kälteeinbruch lässt das ganze Vorhaben eher an November erinnern als an September, aber es gibt ja bekanntlich kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung. Das Gebot der Stunde lautet also: Kurzerhand schon im September zwei Hoodys anziehen.
Während ich so aufs Wasser blicke und an meinem Tee schlürfe, lege ich mir einen Plan zurecht. Wie kannst du die Zeit hier an diesem See abschließen? Was ist im Herbst am Effektivsten? Welche Strategie bietet sich im Herbst typischerweise an? Richtig, ein Futterplatz. Kontinuierlich Futter einbringen und nach und nach die großen Fische abgreifen – zumindest in der Theorie. Dem folgte allerdings bald eine nüchterne Erkenntnis, nämlich der ehrlichen Antwort auf die Frage, ob ich auf diesem Themengebiet große Erfahrung habe? Und die lautete: Überhaupt nicht! Klar – einen Platz über zwei drei Wochen für eine Session vorzubereiten habe ich schon sehr häufig gemacht. Aber über mehrere Monate einen Futterplatz zu unterhalten – das ist neu für mich. Instant hat es für mich bislang immer gut funktioniert – aber wenn man keine neuen Wege geht kann man auch keine neuen Fische fangen.
Durch meinen Beruf im Außendienst bin ich jeden Tag an einem anderen Ort und kann nicht immer für eine bestimmte Uhrzeit planen. Durch Stau, Kundenanfragen oder Notfälle kann jeder noch so gut getimte Plan innerhalb weniger Sekunden zerstört werden. Aufgrund dieser Unwägbarkeiten ist es auch unmöglich, den Arbeitsweg mit dem Futterweg zu kombinieren. Deshalb habe ich bisher immer den Aufwand des Fütterns in der Nacht und bei Wind und Wetter gescheut, zumal ich in den vergangenen Jahren mit kleinen Futteraktionen oder ohne jegliches Vorfüttern an die Fische kam.
Neue Wege trotz alter Vorzeichen
Das alles deutete darauf hin, dass es nach wie vor eine schlechte Idee wäre, einen Futterplatz anzulegen. Also würde das Vorhaben „Futterplatz“ auch 2022 wieder entfallen? Nein, lautete diesmal mein fester Entschluss. Der Grund: Es gibt noch ein weiteres Argument, eine neue Strategie zu fahren. Ich habe während meiner Zeit an diesem See fast alle Fische aus dem „A-Team“ gefangen. Außer einem Exemplar…dem Seekönig. Ein Schuppenkarpfen mit knapp 26kg. Dieser war mir bisher leider verwehrt geblieben. Also war das Ziel gesteckt und der Weg dahin beschlossen. Nun ging es nur noch an die Umsetzung…
Verortung: Die Eckdaten meines Vorhabens
Der See liegt in einem Naherholungsgebiet, was zugleich bedeutete, dass hier viel Publikumsverkehr herrscht. Viele Spaziergänger, Fahrradfahrer und auch Schwimmer, die sich selbst bei einer Außentemperatur von 3 Grad nicht von ihrem Badegang abhielten ließen, flankierten die Ufer. Ein Platz am Fußgängerweg schied somit aus. Der große Flachwasserbereich machte in meinen Augen auch wenig Sinn. Lediglich die Kante, die erst langsam- und die letzten Meter dann sehr abrupt abfällt, schien mir eine Option zu sein. Hier hätte ich mit Kelle einfach füttern können. Anfangs würde ich meine Ruten flacher auf 3,5m ablegen können und mich dann mit fallender Wassertemperatur entlang der abfallenden Kante hinunter-arbeiten.
Ein guter Plan?
Klingt eigentlich perfekt. Wäre da nicht die Seewirtschaft direkt im Rücken, ein großer Parkplatz direkt neben der Stelle und ein Fußgängerweg, der quasi direkt durch mein Titan Hide gegangen wäre. Ich hatte bereits gehört, dass es hier am See Probleme bei dem Thema Catch and Release gegeben hat. Ein Grund mehr, warum ich Ruhe haben wollte. So wenig Menschen wie möglich sehen und umgekehrt von selbigen nicht gesehen werden.
Also gingen meine Überlegungen in andere Richtungen. Auf der anderen Seeseite laufen die Kanten langsamer ab. Allerdings macht das Kraut das Angeln hier zur Hölle, zumal man kein Boot benutzen darf, mit dem man die Fische hätte abholen können. Das bedeutete für mich: Marker-Rute schnappen und prüfen, wie dicht das Kraut noch ist.
Was lange währt…Platzwahl und Futterstrategie
Aus der Vergangenheit hatte ich noch einige Plätze abgespeichert und konnte mir so die Stellensuche etwas vereinfachen. Mein Plan: Mit dem Wurfrohr einen großen Futterplatz anlegen und dann zwei Ruten mit passenden Ködern verteilt auslegen. Ich persönlich stehe in meiner Angelei auf Plätze mit gemischten Untergrund, lies: Übergänge zwischen Kies und Sand oder auch Übergänge von Sand zu Schlamm. Also wollte ich für meinen ersten- über Monate laufenden Futterplatz auch genau solch eine Stelle. In circa 75m Entfernung fand ich genau so eine Stelle. Hinter einem Krautfeld befand sich auf 4,5m ein Plateau. Wobei Plateau vielleicht etwas übertrieben wäre. Eher ein größerer Kieshaufen. Dieser läuft langsam auf eine Sandbank aus, die ihre maximale Tiefe bei 6m hat. Hier grenzen dann ein „Schlammfeld“ und Kraut an.
Meine Erfahrung aus der Vergangenheit hat hierbei eine Faustregel zutage gefördert: Als Richtlinie für den Herbst hat es sich bewährt, immer im untersten Drittel der Durchschnittstiefe eines Gewässers zu angeln. Ein Beispiel: Ist ein Gewässer im Durchschnitt 9m tief, so suche ich im Herbst meine Plätze zwischen 6 – 9m. Etwa dieser Größenordnung bzw. Tiefenstruktur ist auch mein Baggersee zuzuordnen.
Die beschriebene Stelle hat eine Breite von 15-20m und eine Länge von vielleicht 10m. Zur Aktivierung beginne ich jeden zweiten Tag mit der Spomb eine Mischung aus Partikeln und 16mm-Boilies zu verteilen. Dieses Vorhaben ziehe ich insgesamt drei Wochen durch, wobei ich bei jedem Mal mehr Boilies hinzu gebe und zugleich die Menge der Partikel verringere. Gleichzeitig passe ich auch die Boiliegröße an. Von den 16mm steigere ich mich hin zu 20mm. Dabei verteile ich die Boilies weitflächig mit dem Wurfrohr. So kann ich meinen Futterplatz in Zukunft komplett mit dem Wurfrohr unter Futter halten. Ich brauche also auch im Dunkeln nicht mehr als meinen gefüllten Boilie-Caddy, die Markerrute für den Anhaltspunkt, sowie mein Wurfrohr und meine Kopflampe. Nachdem ich mich solcherart vorbereitet hatte, war es endlich soweit: Sie stand an. Die erste Nacht.
Futterplatz bedeutet große Fische? Weit gefehlt…
Und was soll ich sagen? Wenn ich ehrlich bin, hatte ich gehofft, dass das alte Klischee vom Futterplatz von wegen „der Erste auf dem Futterplatz ist gleich ein richtig Guter!“ auf meine fette Ausbeute zutreffen würde. Doch weit gefehlt. Das wäre ja auch fast zu schön gewesen. Was sich hingegen bei mir ereignete, war eher das Gegenteil der alten Futterplatz-Weisheit: Ich fing mich erst einmal durch den kompletten Fischbestand. Von K4 (viersömmerige Karpfen) bis hin zu Fischen mit 12kg war alles dabei. Doch leider ließ sich keiner aus dem A-Team bisher blicken.
Im Nachhinein sickerte eine Erkenntnis in mein Bewusstsein. Es ist das Eingeständnis eines Fehlers. Ein Fehler, der sich mir leider erst rückwirkend erschloss: Der Fehler bestand darin, dass ich, an einem See mit sehr gutem Bestand, an dem man sich „Instant“ schonmal durch mehrere kleine Fische angeln muss, ausgerechnet mit Partikeln gefüttert habe. Mein Verärgerung über mich selber wuchs mit jedem weiteren Tag. So doof konnte man doch eigentlich nicht sein. Aber es half ja Nichts: Für etwaige Rückzüge oder Strategiewechsel war es nunmehr ohnehin zu spät. Und so saß also da. Und schaute unbeholfen aus der Wäsche. Ende September, den Oktober schon vor Augen wähnend, mit einem laufenden Futterplatz und zweifelte an meinem Vorhaben. Trotz des Langzeitfutterplatzes, oder gerade deswegen, wie mich mein Fehler lehren musste.
Offene Fragen und ungewisser Ausgang
Werde ich belohnt wenn ich den Futterplatz mit großen Boilies bis in den Dezember durchziehe? Kommen die Großen überhaupt auf den Futterplatz oder sind sie aus vergangenen Jahren von solch groß angelegten Plätzen eher abgeschreckt? Ihr dürft gespannt sein, denn ich halte euch auf dem Laufenden! Fortsetzung folgt…. im Rahmen eines zweiten Teils zum Futterplatzangeln im Herbst.
Bis dahin,
euer Robert Schneider
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