Vor wenigen Tagen berichteten wir auf unseren Seiten über ein Ereignis, dessen Reichweite weit über den Aktionsradius hinausgeht, der von der – vergleichsweise überschaubaren – Gruppe der Karpfenangler abgesteckt wird. Die Rede ist vom flächendeckenden Fischsterben an der Oder, ein Fischsterben, das sich wiederum als Folge eines mutmaßlichen Eintrages giftiger Chemikalien auf polnischer Seite darstellt und dessen genaue Ursache aktuellen Medienberichte zufolge bis zum heutigen Tage noch nicht geklärt ist. Gleichwohl gibt es einige neue Entwicklungen und Tendenzen, über die wir dich kurz in Kenntnis setzen wollen.

Das ist passiert: Stand 17.08.2022

Zunächst eine kurze Rekapitulation der Ereignisse: Am Donnerstag vergangener Woche wurden sich polnischen Behörden im Zuge vermehrter Sichtungen verendeter Fische durch Anwohner und Fischer erstmals veranlasst, eine deutsch-polnische Untersuchungskommission zur Klärung der Ursache einzuberufen. Erste Untersuchungsergebnisse, die sich, wie wir jetzt sagen können, eher auf Mutmaßungen stützen, befeuerten den Verdacht, es habe ein Quecksilbereintrag im Umkreis von Breslau gegeben. Im Zuge der behördlichen Zusammenarbeit mit dem polnischen Zentrallabor wurde dieser Verdacht nunmehr entkräftet. Quecksilber sei aktuellen Medienberichten zufolge nicht die Ursache des Fischsterbens, dem mittlerweile bis zu 100 Tonnen Fisch zum Opfer gefallen seien. 500 Kilometer Flusslauf seien betroffen. Die Labor-Untersuchungen erstrecken sich auf über 300 Substanzen, die als Ursache des Fischsterbens in Frage kommen- und insofern Aufschluss über mögliche Szenerien geben können. (Quelle: dpa)

Oder-Fischsterben - Update und Ursachen-Ermittlung - twelvefeetmag, twelvefeet, twelve ft., carps, Carpfishing

Krisenmanagement vs. Schuldzuweisungen: Zum Gebot der Stunde

Es bleibt vor dem Hintergrund unzulänglicher und verzögerter Kommunikation von Polen mit den deutschen Behörden –  gerade vor dem Hintergrund der nach wie vor unbekannten Ursache – zu fragen, ob einer Verschärfung dieser tragischen Entwicklung kurzfristig entgegengewirkt werden kann. Zuvor waren die polnischen Behörden bei der deutschen Bundesregierung in Kritik geraten, da die Information zum Staus Quo nur  langsam und zumal lückenhaft – im wahrsten Sinne – „durchsickern“ würden – was das Krisenmanagement erheblich erschwere.

Dies überlagert mit sich neuen Erkenntnissen, wonach den polnischen Behörden bereits Ende Juli Informationen über ein vermehrtes Auftreten verendeter Fische gemeldet worden seien, was man jedoch behördlich nicht weiter verfolgt habe. Allerdings hat auch die deutsche Seite Kritik auf sich gezogen: Der deutsche Fischereiverband äußerte seinen Unmut dahingehend, dass “ die Aktivität der deutschen Behörden“ von außen „nicht wie souveränes Krisenmanagement “ wirke. Inwieweit diese Kritik das Resultat einer mangelhaften Informations-Weitergabe ist, sei dahingestellt.

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Die Zeit des Handelns: Klare Linie im Krisenmanagement?

Unstrittig is hingegen, dass die Dringlichkeit einer lückenlosen Kommunikation nunmehr größer ist, denn je: Paul Ziemiak von der der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe im Bundestag fordert insofern eine „lückenlose Aufklärung“ der Ereignisse. Wie Ziemiak der Funke-Mediengruppe mitteilte sei dies nicht die Zeit gegenseitiger Schuldzuweisungen zwischen Deutschland und Polen, sondern vielmehr die Zeit des Handelns. Die Dringlichkeit sei nicht zuletzt dadurch angezeigt, dass das Flussbild auch im grenznahen Bereich an den Ausläufern des Stettiner Haffs und dessen mittelbarer Verbindung mit der Ostsee von Fischkadavern geprägt sei, wenngleich zum jetzigen Zeitpunkt im Nordosten Deutschlands, wie Michael Sack (CDU) der deutschen Presse-Agentur mitteilte, noch keine Auswirkungen auf deutscher Seite bekannt seien. Gleichwohl wurde – wir berichteten – präventiv zur Vorsicht aufgerufen, woran sich bis zum heutigen Tage nichts geändert hat: Anwohner sind angehalten, vom Baden abzusehen sowie auf das „Angeln und Fischen oder die Entnahme von Wasser zu verzichten“.

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So deutlich sich die Linie des Krisenmanagements auch abzeichnen mag, so unterschiedlich sind – Medienberichten des SWR – zufolge die Herangehensweise auf polnischer- und auf deutscher Seite (Stand: 17.08.2022). Wohingegen man sich auf polnischer Seite auf die Untersuchung der Fischkadaver zwecks Ermittlung der Ursache konzentriert, erstrecken sich die Untersuchungen auf deutscher Seite auf Wasserproben.

Bei Ersterer geht es um die Auswirkungen des Giftes auf den Organismus der Fische, wobei man hier eine Eingrenzung von  300 mutmaßlichen-Verursacher-Substanzen vorgenommen hat. Bei letzterer soll auf Grundlage von Breitband-Untersuchungen der Verursacher-Substanz auf die Spur gekommen werden. Die Schwierigkeit hierbei: Diese Methode bedarf des Abgleichs mit vorhanden Datenbanken. Um die „Spuren“, die etwaige Substanzen im Wasser hinterlassen, einordnen zu können, muss also zunächst mal eine Verursacher-Substanz in Reinform vorliegen. Tut sie das nicht, dann muss diese Substanz erst nachträglich „eingemessen“ werden. Erschwerend komme hinzu: Wenn man nicht genau weiß, wonach man sucht, dann geht das Finden verdächtiger Spuren mit einem langwierigen Prozess der Analyse, der Vergleichs und der Nachbearbeitung einher. Mit anderen Worten: Es dauert….

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Jenseits toter Fische: Axel Vogel (Grüne) zur Reichweite der Katastrophe

Laut Einschätzung des brandenburgischen Umweltministers Axel Vogel (Grüne) komme für das Fischssterben wohl mehr als nur eine Ursache in Frage, was nicht zuletzt der Komplexität des Ökosystems geschuldet sei, wobei „die Dürre und die geringe Wasserführung“ mit ziemlicher Sicherheit Anteil daran tragen würden. Nicht zuletzt aus diesem Grund sei es umso wichtiger, in alle Richtungen zu ermitteln. Vogel warnte auch vor den Langzeitfolgen der Vergiftung. „Wir reden jetzt immer über Fische, tatsächlich ist ja das gesamte Ökosystem der Oder geschädigt“, sagte er am Montag im RBB-Inforadio: „Wir haben wirklich lange Zeiträume, wo insbesondere Muscheln, Mollusken, Insekten dann auch Zeit benötigen, um sich wieder aufzubauen.“(Quelle: sueddeutsche.de)

Das betrifft neben den behördlichen Bemühungen übrigens auch die Bevölkerung: Um einen Anreiz zur Aufklärung über die Ereignisse zu schaffen, hat die polnische Regierung eine Belohnung von mehr als 200.000 Euro für die Aufklärung des Falles ausgelobt. (Quelle: dpa)