Während ich diese Zeilen gerade schreibe, hat der Winter Einzug gehalten. Das Wasser hat aktuell um die 6°C. Meine Zeltheizung habe ich gegen eine mobile Standheizung getauscht. Sie spendet mir warme trockene Luft und lässt die Angst des qualvollen Erstickungstodes der Vergangenheit angehören. Umso besser: Die Heizung lässt sich sogar mit einer Fernbedienung bedienen. Und da man nie sicher genug sein kann, habe ich zusammen mit meinem Schwager ein Loch in meinen T5-Bus geschnitten, über das ich mit warmer Luft versorgt werden kann. Doch dazu später mehr.
Jedenfalls sind das die Vorzeichen, unter denen ich über mein Angeln nachdenke: Wie jeden Winter mache ich mir Gedanken über das vergangene Jahr, sowie das kommende. Dabei gestaltet sich der Saison-Übergang bei mir fließend – eine Pause gibt es für mich nur, wenn ich verletzungs- oder krankheitsbedingt ausscheide oder die Gewässer schlichtweg zugefroren sind.
In den folgenden Zeilen lasse ich euch am Ergebnis meiner Reflexion über den Winter teilhaben. Ich bin zuversichtlich, dass der ein- oder andere Angler mittelbar von meinen Erfahrungswerten profitieren kann – dann haben diese Zeilen ihren Zweck erfüllt.
Futterplatz im Winter – geänderte Vorzeichen
Während ich vor ein paar Jahren noch absolut gegen feste Futterplätze war, hat sich meine Haltung dazu seit einiger Zeit geändert – gerade mit Blick auf den Winter. Während es im Sommer oft ausreicht, nach Fischen Ausschau zu halten und an einem Tag im Vorfeld eine moderate Futtermenge im entsprechenden Gebiet zu verteilen, füttere ich im Herbst gern ein paar Stellen vor. Diese Taktik hat sich bei mir bis in’s zeitige Frühjahr – etwa bis März – bewährt. Wie lange ich tatsächlich füttere, steht und fällt auch damit, wann die ersten angelnden Kollegen aus dem Winterschlaf erwachen. Mein Grundsatz: Sobald ich nicht nur mehr für mich alleine füttere, gebe ich den Spot schlichtweg auf.
Zur Taktik: Mehrere Eisen im Feuer
Aber auf diesen Fall bin ich vorbereitet: Nicht selten habe ich im Winter 4 Stellen an mindesten 3 Seen dauerhaft unter Futter – so bewahre ich mir auch im Winter die nötige Flexibilität. Wieviel ich jeweils füttere, variiert mitunter stark: Während z.B. in einem See eine kleine Menge reicht, belief sich die Futtermenge an zwei Seen kontinuierlich auf ca. 1,5 kg Boilies. Inwieweit das Futter angenommen wurde, kontrolliere ich mit der Waterwolf bzw. erkenne es an der Rückmeldung der Fische selbst – z.B. durch etwaige Fraßlöcher etc. Dabei hat mir die Kamera schon manches mal wertvolle Einblicke beschert: In einem weichen Sediment bildeten sich z.B. extreme Krater. Diese Erkenntnis zeigte für mich an, meine Vorfächer deutlich anzupassen.
Meine Boilie-Wahl im Winter
Nicht selten fing ich selbst unter den vermeintlich-widrigsten Bedingungen mehr als nur ein bis zwei Fische. Beim Futter selbst setze ich zumeist auf mit CSL und Boiliemix ummantelte Boilies aus unserer Pfalzbaits Solid-Range. Der Grund: Der Milchpulveranteil lässt die Boilies auch im kalten Wasser sehr gut arbeiten. Durch das Auswaschen bildet sich auch bei kaltem Wasser eine teig-ähnliche Masse, die hierbei für zusätzliche Attraktivität sorgt.
Auch mit der Fermentum- und Nuss-Range konnte ich im Winter sehr gute Ergebnisse erzielen. Nicht selten kombiniere ich verschiedene Sorten. Ein Tipp zum Futter: Zum Füttern hat mir unser Teig, in den ich einige halbierten Boilies eingearbeitet habe, im Winter schon wahre Sternstunden beschert.
Partikel im Winter: Pro- und Contra
Zu Beginn füttere ich oft noch in den ersten Wochen 3-4 Spombs Partikel mit, welche ich dann nach und nach reduziere und anschließend ausschleichen lasse.
Ob der Einsatz von Partikeln sinnvoll ist, variiert stark und ist individuell zu bewerten – wobei sich hier die Kamera erneut als nützliches Hilfsmittel erweist: In vielen Gewässern mit wenigen Weißfischen hat mir die Kamera gezeigt, dass die Partikel bei fallenden Wassertemperaturen einfach liegen gelassen werden.
Spotwahl im Winter
Da ich – wie gesagt – verschiedene Seen befische, könnten die Plätze auch nicht unterschiedlicher sein. Als Faustregel gilt: Wenn möglich suche ich mir die im Winter eher windabgelegene Seite. Im Windschatten zu sitzen, bietet nicht zuletzt auch für das eigene Wohlbefinden einen Vorteil– nämlich in Punkto Gemütlichkeit.
Best Practice: Besondere Wetterumstände und besondere Maßnahmen im Winter
Auch beim Werfen kommen bei mir im Winter ein paar Besonderheiten zum Tragen: Gerade im Winter ist es oft nebelig, was die Orientierung beim Werfen erschwert. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass punktgenaue Würfe und Füttern raschen Erfolg bringen. Daher achte ich beim Werfen darauf, meine Spots in Entfernungen von nicht weiter als 15 Wicklungen (Rutenlängen) zu wählen. Dies ermöglicht mir, selbst bei starkem Nebel noch punktgenau zu angeln. Ein Beispiel aus der Praxis: An einem großem See mit gutem Bestand fiel mir eine Bucht mit weichem Sediment ins Auge. Wenngleich ich hier meine Futterkampagnen erst im Dezember startete, gelang es meinem Kumpel und mir gleich bei unserem ersten Versuch 5 Fische zu fangen. Die Orientierung ist hier selbst im Nebel noch möglich: Das GPS erleichtert mir hier die Orientierung, zumal mir die Stangenbojen in etwa 60m und 80m Entfernung zum Rod-Pod den Weg weisen.
Die Tiefe – ein überbewerteter Faktor? Worauf es wirklich ankommt.
Im Winter wird oft die Faustregel ausgelobt, dass man möglichst tief angeln sollte. Meine Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass diese Faustregel mit Vorsicht zu genießen ist. Da ich schon mehrfach am selben Tag in sehr flachen Bereichen Fische fangen konnte – teilweise sogar dann, wenn der Rand des Sees mit Eis bedeckt war – hat mich die Praxis eines Besseren belehrt, weshalb ich das Tiefangel-Gebot für überholt halte.
Was hingegen viel entscheidender ist: Die Beschaffenheit des Spots selber. Ich suche eher nach Stellen, an denen sich die Fische aufhalten und bestenfalls auch fressen. Hier komme ich nochmals auf den Mehrwert meiner Waterwolf zurück: Seit einem Jahr bringt mir, zu der Unterwasserkamera, auch eine Drohne mehr Aufschluss – und ich möchte sie seitdem nicht mehr missen. Zwar kenne ich die meisten Seen schon seit mehr als 15 Jahren, doch gerade an einem neuen Gewässer ist jede Information Gold wert. Die Tiefen, in denen ich im Winter angele, haben sich aktuell zwischen 3,5 Metern und etwa 6,5 Metern eingependelt. Das heißt natürlich nicht, dass sich die Fische nicht auch in größeren Tiefen fangen ließen, aber für mich gibt es durch die Erkenntnisse der UW-Kamera keinen Grund dazu, zumal der Aufwand und das Risiko zu groß sind.
Übrigens: Die Tiefen, die ich im Winter meide, stehen im Sommer sprichwörtlich unter einem anderen Stern: Die tieferen Bereiche von 10-16m fische ich nämlich lieber im Hochsommer bzw. im frühen Herbst, bevor die Zirkulation der Wasserschichten eingetreten ist. Dort sind dann auch Massenfänge möglich.
Aber zurück zum Winter. Mögliche Winterplätze sind für mich:
- Steil abfallende Kanten, die mit Holz bedenkt sind
- Weiches Sediment
- Zuckenmückenfelder / Schlammröhrenwürmer
- „Tiefere“ Uferbereiche
- In der Nähe von Spülwassereinläufen von aktiven Kieswerken
- Bei wenig Kraut: Krautfelder, da sie herausstechen
- Dort wo sich die Fische zeigen – egal wie absurd es aussieht
Futterstrategie – ein genauer Blick
Über das Futter und Platzwahl habe ich bereits geschrieben. Ich möchte trotzdem noch gern etwas genauer darauf eingehen. Füttern tue ich, wie bereits beschrieben, wenn möglich ab September. Anfangs mit Partikeln, später dann nicht mehr. Zunächst setze ich mir einen Marker und schreibe mir den Horizontpunkt sowie die Entfernung auf. Als nächstes klippe ich die Spomb und schreibe mir ebenfalls die Entfernung auf. Wichtig hierbei: Immer die Rute im gleichen Abstand zum Körper halten – ansonsten kommt es zu unnötig großen Abweichungen in der Futter-Distanz, die bereits durch die gelegentliche Streckung der Arme verursacht werden können. Ich füttere nahezu täglich mit dem Wurfrohr oder mit der Kelle. Falls ich in größeren Entfernungen oder bei starkem Wind angele, kommt bei mir die Spodrute zum Einsatz. Beim Füttern selbst versuche ich einen angemessen Streukreis zu bekommen.
Zur Timingfrage beim Füttern
Was den Zeitpunkt des Fütterns betrifft: Es ist gar nicht erforderlich, immer zur selben Uhrzeit und nur alle paar Tage zu füttern, zumal dies bei mir aufgrund meiner Schichtarbeit auch gar nicht möglich wäre. Eine regelmäßige Kontrolle der Plätze vorausgesetzt, hat sich bei mir das unregelmäßige Füttern als effektiver erwiesen. Je nachdem, ob das Futter angenommen wurde oder nicht, passe ich die Menge an und füttere ggf. nach, wobei ich gern auf größere Köder setze – schließlich möchte ich sicher sein, dass die Köder nicht von Brassen gefressen werden, sondern den Karpfen vorbehalten bleiben.
Füttern auf verschiedenen Wegen
Wenn ich mit der Spomb füttere, werden diese vorher halbiert. Halbieren tue ich die Boilies auch dann, wenn keine Kuhlen vorhanden sind, in denen selbst ganze Boilies sicher liegen bleiben würden oder auch dann, wenn die Kanten steil abfallen. Falls der Bodenverlauf horizontaler ist, setzte ich auch auf ganze Boilies. Wenn die Ummantelung angetrocknet ist, ist auch Füttern mit dem Rohr auf die Entfernung kein Problem. Auch mit der Kelle lassen sich größere Köder präziser füttern.
Best Practice: Effektives Angeln Im Winter. So gehe ich vor
Wie gesagt: Ich nutze zum Ablängen meiner Ruten gerne Distance-Sticks. Hierzu ein Tipp mit Blick auf die Effizienz: Damit bin ich beim nächsten Mal viel schneller im Rennen bin, stecke ich nach dem Angeln Stöcke als Platzhalter in die vorhanden Löcher – und fixiere damit auch die gewünschten Längen. Ein weiterer Tipp zur Zeitersparnis: Vorbereitung ist das A und O – gerade mit Blick auf meine Schichtarbeit. Nicht selten länge ich die Ruten bereits eine Tag vor dem eigentlichen Angeln ab – sei es nach dem Füttern am See oder im heimischen Garten.
Zum Tackle: Meine Winter Must-Haves
Zum Tackle: Mittlerweile habe ich mir auf Empfehlung meines Freundes Maxi ein Solar A1 Ground Pod angeschafft – und es liebgewonnen. Der Grund ist auch hier wieder die enorme Zeitersparnis – das Pod wird hingestellt und fertig!
Generell wird mein Tackle so vorbereitet, dass ich schnell im Rennen bin. Aus gutem Grund, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass der Erfolg sich auch im Winter schnell einstellen kann. Ein Beispiel: Ich habe es einmal erlebt, dass die erste Rute bereits ablief, noch während die Schnur nicht ganz abgesunken war – und dies zwischen den Jahren und bei etwa 4°C Oberflächenwasser.
Kann ich nicht im T5 schlafen, was im Winter extreme Vorteile hat, statte ich mir den Trolley mit so wenig wie möglich Tackle aus. Lieber laufe ich ans Auto zurück, falls z.B. die Powerbank nicht ausreicht. Auf den Nutzen der mobilen Standheizung bin ich bereits eingegangen – sie spendet warme und trockene Luft, was beim Klima den feinen Unterschied ausmachen kann. Hinzu kommt, dass ich hierdurch versichert sein kann, am Ende mein Bivvy oder Brolly trocken einzupacken und kompakt zu verstauen. Auch mein Kamera-Equipment bleibt hierdurch geschützt und trocken, zumal ich nicht Gefahr laufe, dass die Linse durch das zu kalte Kameragehäuse beschlägt.
Rigs und mehr – meine Tipps zum effizienten Winter-Angeln
Meine Rigs passe ich bereits einen Tag vorher an den Untergrund und an die Fressgewohnheiten der Fische an. Das ist wichtig: Nicht selten musste ich die Rigs kürzen, weil immer mehr Fresskrater dazu kamen, die eine Anpassung der Länge erforderlich machten. Leider habe ich auf dem Weg zu dieser Erkenntnis einiges an Lehrgeld zahlen müssen.
Unabhängig von der Frage der Rig-Länge gilt: Grundsätzlich versuche ich, meine Rig‘s möglich unkompliziert zu halten. Auch versuche ich den Einsatz von PVA zu vermeiden, denn ehrlicherweise habe ich mich schon allzu oft verworfen, sobald ein PVA-Sack am Rig „baumelte“.
Ablegen mit dem Boot
Vom Boot lasse ich, wie das ganze Jahr über, die Montage langsam über die Rücklaufsperre ab. Ab und zu hebe ich während dem Ablassen die Spitze etwas an, was bewirkt, dass sich das Rig wieder streckt – auch diese Erkenntnis habe ich der Waterwolf zu verdanken. Das gilt aber nur, solange die Montage noch nicht den Boden erreicht hat. Sobald die Montage am Grund angekommen ist, bleibt alles unverändert – zu groß ist die Gefahr durch anheben etc. etwas zu „verschlimmbessern“ und/oder Unrat einzusammeln.
Wurfangeln
Sofern ich ich werfe, setze ich mir zuvor mittig vom Spot den Marker. Anschließend wird geworfen. Dabei bin ich sehr genau und erst dann zufrieden, wenn der Clip etwa ein Meter in der Luft ohne Rückstoß getroffen wird. Beim eigentlichen Angeln versuche ich, möglichst nah an den Marker zu werfen und auch zu füttern. Das Geräusch ist unverkennbar. Anschließend fische ich gern mit Slack-Line, – mit dieser Vorliebe stelle ich in meinem Bekanntenkreis eine Ausnahme dar. Beim Angeln selbst setze ich auf wenige Boilies und zwei bis drei Brocken Teig. Ein paar dünnflüssige Spomb-Ladungen aus Grundfutter und Boiliemix dürfen nicht fehlen.
Erfahrungswerte zum Winterangeln – Tipps und Einordnungen
Das Winterangeln hat für mich einen ganz besonderen Reiz. Nicht nur, weil die Fische im Winter oft eine großartige Färbung aufweisen, sondern auch, weil die Bisse im Winter sehr abwechslungsreich sind und auch das Verhalten der Fische im Drill für viel Abwechslung sorgt.
Zur Fishcare: Gerade im Winter ist der schonenden Umgang mit den Fische umso wichtiger – auch mit Blick auf den verlangsamten Stoffwechsel. Ich versuche daher die Fische, bis ich meine Kamera gerichtet habe, im Kescher zu lassen. Prinzipiell habe ich seit Jahren auch immer zwei Kescher aufgebaut.
Wenn es besonders eisig ist oder starker Regen fällt, kommt der ein oder andere auch mal in eine Sling bzw. Karpfensack – zumal das kalte Wasser auch viel Sauerstoff gebunden hat. Hierbei hat die Fishcare oberste Priorität: Es muss gewährleistet werden, dass der Fish in der Sling keine Erfrierungen erleidet. Daher gilt auch im Zweifelsfall bzw. bei starken Minusgraden, lieber auf die Sling zu verzichten, wobei ein kurzes Bild im Kescher genügen muss.
Abschließend noch ein Appell an’s Winterangeln schlechthin: Der Winter hat seinen eigenen Charme. Oft sitzt man hier alleine, wo sonst sich einige Camps tummeln. Es gibt keine Mücken, Badegäste oder Stand-Up-Paddler. In diesem Sinne: Genießt die Zeit am Wasser.
Übrigens – ein Tipp für alle Postkarten-Romantiker und Foto-Motivjäger: Die schönsten Sonnenaufgänge hatte ich im Winter.
Tight Lines, euer Dennis – Team Pfalzbaits