Seit Stunden kämpfe ich mich durch die Formblätter der (leider) jährlich anstehenden Steuererklärung und versuche gemeinsam mit „Onkel Google“ die Begrifflichkeiten und Definitionen des deutschen Steuerrechts zu durchdringen. Doch trotz Hilfe aus dem Internet gestaltet sich das ganze Unterfangen schwerer als zunächst angenommen. Werbungskosten, Mehraufwände und Kapitalerträge rauben mir zunehmend den letzten Nerv. –Ich muss raus an Wasser!!! –

Wenige Minuten später finde ich mich schon im mittlerweile beheizten Auto auf der Bundesstraße wieder. Bereits beim Beladen des Autos kam in mir mehr und mehr die Frage auf, was ich hier eigentlich mache. Das Thermometer hat sich seit einigen Tagen bei 9 Grad eingepegelt, es bläst ein kräftiger Nord/Ost-Wind, die Luftdruckkurve gleicht einer Sinusfunktion und zu allem Überfluss müssen die Scheibenwischer auch noch auf Hochtouren arbeiten. Auch die Wettervorhersage für die nächsten Tage lässt kaum Hoffnung auf bessere Bedingungen zu. Nicht gerade das beste Wetter für den anstehenden Wonnemonat Mai. Dennoch biege ich in den kleinen Feldweg in Richtung Wasser ein und versuche mich nicht noch in den riesigen Schlammpfützen festzufahren.

Am Platz angekommen muss ich dann doch mit Erstaunen feststellen, dass der Nord/Ost-Wind gar nicht so kalt ist wie zunächst angenommen. Ganz im Gegenteil, er erscheint sogar recht warm. Genau aus diesem Grund entscheide ich mich auch dazu voll im Wind aufzubauen und meine Ruten in Wurfweiten zwischen 40 und 60 Meter an den abfallenden Kanten zu verteilen. Nachdem alles aufgebaut und verstaut ist, koche ich mir noch einen Tee und lege mich anschließend mit einem guten Gefühl schlafen. Doch bevor ich die Augen schließen kann, rennt schon die rechte Rute ab. Jackpot: alles richtig gemacht. Bei immer stärker werdendem Wind kann ich den ersten kleinen Spiegler in den Kescher führen. Mit so einer schnellen Aktion habe ich bei diesen Bedingungen dann doch nicht gerechnet. Schnell ziehe ich einen neuen PopUp auf und befördere die Montage samt PVA Stick wieder an ihren Platz.

Nun kann der gemütliche Teil beginnen, Schlafsack zu und den frisch gekochten Tee geniiiiiie… Vollrun auf der linken Rute! Nach kurzem Drill landet wieder ein kleiner Spiegler im Netz. Nun ist es also an der Zeit etwas Futter zu verteilen. Zuvor habe ich voll und ganz auf Single Hookbaits mit einem kleinen PVA Stick gesetzt, doch offensichtlich stehen die Fische vor meinen Füßen nur so gestapelt. Also verteile ich gut 2 Kilo Pacific Tuna Boilies an der Uferkante und beködere beide Ruten mit einem Doppelsinker um etwas selektiver zu fischen. Kurzum die Nacht verläuft jedoch völlig ruhig und ich bekomme nicht einen Pieper. Dafür hat es der Morgen wieder in sich.

Binnen weniger Stunden kann ich 7 Fische zu einem Landgang überreden. Darunter auch einige bessere Fische zwischen 10 und 13,5 Kilo. Zu meiner persönlichen Freude ließ sich sogar die Sonne ab und zu blicken. An den für mich dennoch viel zu kühlen Außentemperaturen änderte das allerdings nichts. Auch der Wind gab weiter richtig Gas und schlug mir mit bis zu 40 km/h ins Gesicht. Dass er nun auch merklich kälter wurde, schien aber die Fische auch nicht im Geringsten zu stören, denn der Fressrausch an der Uferkante ging munter weiter. Bis zum Abend konnte ich weitere 4 Fische landen. Leider verlor ich auch einen wirklich guten Schuppi direkt vor dem Kescher. Die zweite Nacht verlief dann weniger spektakulär und brachte mir in einem Doppellauf kurz vor Mitternacht wieder zwei kleine Spiegler. Danach verstummten die Bissanzeiger völlig. Auch am darauffolgenden Tag konnte ich keine Fischaktivität mehr verzeichnen. Die Fische schienen das Fressen wieder eingestellt zu haben.

Nun sitze ich wieder vor meiner Steuererklärung und bemühe wegen jedem zweiten Wort die bekannte Onlinesuchmaschine. Doch diesmal bin ich viel entspannter, denn nach solch einer Session bei diesen bescheidenen Bedingungen bekomme ich das Grinsen einfach nicht aus dem Gesicht.
Tight lines
Franz Paetzold