In dieser schnelllebigen Zeit ist es immer wieder schön zu hören, wenn sich Menschen auf die Tradition besinnen. Denn was Bestand hat, das gerät nicht in Vergessenheit und schickt außerdem seine Empfehlung für die Zukunft voraus. Das wiederum gibt Stabilität und auch – ganz pragmatisch – eine gewisse Planbarkeit. Wenn auch das Karpfenangeln einem ständigen Wandel unterliegt – die Tradition zeigt sich unbekümmert davon.
Und genau an dieser Stelle schließt sich der Kreis zum heutigen Gastbeitrag, in dem Benjamin Heigl von einer liebgewonnenen Tradition berichtet, der auch wir uns im Zuge des Berichtes aus dem Vorjahr bereits angeschlossen haben: Dem gemeinsamen Ausflug mit seinem Sohnemann zum Karpfenangeln nach Österreich. Welche tollen Fänge und Erlebnisse bei dem diesjährigen Ausflug herumgekommen sind, erfährst du in den nachfolgenden Zeilen. Wir übergeben das Wort neuerlich an das Vater Sohn-Gespann Benjamin Heigl und seinen Sohn Emil.
Aufbruchsstimmung – Gewohnte Abläufe beim Aufbau
Auch dieses Jahr ging es zum jährlichen Vater-Sohn-Trip mit Sohnemann Emil an den uns bekannten See in Richtung Österreich. Das Auto wurde voll bepackt – und die Motivation und Vorfreude waren riesengroß. Was auch kein Wunder ist, da wir an diesem See bereits tolle gemeinsame Erinnerungen geschaffen haben, die uns als Vater Sohn-Gespann zusammengeschweißt haben. Mit der Wiederholung dieses Vorhabens ging eine gewisse Routine einher: Nach etwa dreistündiger Fahrt waren wir an unserem Plätzchen angekommen. Die Stimmung war bestens: Der See war gut besucht und die Sonne schien uns ins Gesicht. Na dann konnte es ja losgehen: Auto auspacken, Tackle sortieren, Camp aufbauen. Eine kurze Gewitterfront beschleunigte den Bivvy-Aufbau. 😉
Der ganze Prozess lief sehr routiniert ab und die Handgriffe saßen, was nach der langen Pause nicht selbstverständlich ist – das zeigte uns mal wieder, dass wir mittlerweile ein eingespieltes Team sind, wie ich nicht ganz ohne Stolz sagen muss. Das setzte sich dann auch im Finden der Spots, dem Montieren der Ruten und im Auswerfen derselben fort: Zum Nachmittag lagen meine drei Ruten und die Rute von Emil an den Spots.
Örtliche Gegebenheiten
Aufgrund der Trockenheit der letzten Wochen war die Hitze noch immer deutlich zu spüren. Gelegentliche Gewitter schraubten die Temperaturen wenigstens einstweilen runter, was allerdings nichts an den vorherrschenden warmen Temperaturen über unseren 4 Tage-Trip änderte. Mit einer durchgehenden Geschwindigkeit von 15-20 km/h blies der Wind konstant, aber beherrschbar, weshalb sich das Auswerfen der Ruten auch einfach gestaltete. Wesentlich komplexer war allerdings die Situation unter Wasser: Interessant ist nämlich, dass sich die Grundstruktur des Sees nahezu jedesmal verändert. Das ging für uns damit einher, dass wir das Gewässer jedesmal auf`s Neue erkunden mussten. Was uns aber gut gelang, sodass die Ruten – wie gesagt – schon bald auf den gewählten Spots Platz fanden.
Futterwahl
Zum Anfüttern gab es diesmal eine Mischung aus gut-ausgekochtem, fermentiertem Mais, Pellets und Groundbait. Mit Blick auf die Wahl der Hakenköder setzten wir auf Dickenmittel, Fermented Banana und Mad Max aus dem Hause Naturebaits sowie die Verwendung von weißen Citrus-Pop Ups.
Fänge
Kommen wir nun zum eigentlichen Ereigniswert dieses Fangberichtes. Nachdem es den ersten Tag über ruhig geblieben war, lief die erste Rute am zweiten Tag gegen Mittag ab. Hier erlebten wir allerdings eine Überraschung: Während unser erster Eindruck darin bestand, einen „nassen Sack Mehl“ an Land zu kurbeln, ging gegen Ende des Drills – spätestens vor dem Kescher – die Post ab. Harte Fluchten gaben den Takt vor und kreischende Rollenbremse waren die Folge.
Aber es ging gut aus und schon bald war der erste Fisch im Kescher. Und siehe da: Ein asiatischer Freund fand den Weg in die Maschen. Ein stattlicher Amur mit 24,5 kg und damit zugleich euer Amur-PB. 😉
Die zweite gute Nachricht: Damit war auch besiegelt, dass wir nicht als „Schneider“, also ohne Fisch, nach Hause fahren werden.
Der Fang dieses Fisches änderte allerdings nichts an unserer Zuversicht, den designierten Schuppis und Spieglern auf die Schliche zu kommen – Noch wussten wir nicht, was uns noch erwarten würde.
Ein kleiner Rückschlag
Es dauerte nicht lange, bis sich der zweite Run ereignete. Im Drill ließ sich bald erahnen, dass auch dies kein Kleiner sein wird. Und dieser Eindruck bestätigte sich – wenngleich allerdings erst in der Endphase des Drills: Kurz vor dem Keschern sah ich breiten beschuppten Rücken aus dem Wasser steigen. Das ließ unseren Puls in die Höhe schnellen. Was allerdings auch schnellte, war die Schnur, denn diese schnellte uns mit einem hörbaren „Peng“ entgegen. Wie sich herausstellte, war doch tatsächlich die Schlaufe des Rigs gerissen. Der Fisch war weg – Mist.
…und ein Knaller-Erfolg
Bis zur zweiten Nacht war dann erstmal Funkstille. Doch dann, gegen 03:30 Uhr lief die Rute ab. Der Fisch zog von links nach rechts und ließ sich nur schwer bändigen. Aber es gelang schließlich doch, wobei nach spannendem Drill auch dieser Fisch seinen Weg in den Kescher fand.
Wie groß das Ausmaß des Fisches dann tatsächlich war, offenbarte sich erst beim Blick in die Keschermaschen: Ein beeindruckender Spiegler mit satten 32,6 kg. Wahnsinn. Neuer Spiegler PB. 😉
Auf Rekordjagd: Ein PB folgt dem Nächsten
Danach herrschte erstmal wieder lange Flaute. Meine Zuversicht war jedoch ungebrochen und es stellte sich ein Bauchgefühl ein, dass mir sagte „Das war es noch nicht“. Und dieses Gefühl sollte nicht trügen. In der letzten Nacht lief um 00:30Uhr die ufernahe Rute ab.
Auch hier ging nicht alles reibungslos, denn aufgrund der Ufernähe verfing sich die Rute kurz in einem überhängendem Baum. Aber am Ende ging auch hier alles gut, sodass wir den Fisch keschern konnten. Wer nun glaubt, dass der Fisch damit in sicheren Tüchern war, der irrt gewaltig: Der Fisch war zwar im Kescher, aber beim Versuch, ihn in die Wiegeschlinge zu verfrachten, riss das Keschernetz.
Schockschwere Not! Damit konnte keiner rechnen. Der Fisch war nunmehr wieder im Wasser. Gott sei Dank war er allerdings „ausgedrillt“ und sah von weiteren Fluchten ab. Nun war Improvisation angesagt. Es gelang mir, mit artistischem Geschick, die Wiegeschlinge um im herumzuführen und ihn so zu „Keschern“. Welche Erleichterung.
Nachdem sich das Adrenalin einstweilen legte, schoss es in dem Augenblick wieder in die Höhe, als ich das Ausmaß des gigantischen Fisches sah, dessen schieres Gewicht sogleich die Erklärung für das Reißen des Keschernetzes lieferte. Die Waage bestätigte schließlich, was ich bereits ahnte, wobei ich meinen Augen fest zusammenkneifen musste, um es wirklich zu fassen: 33,4 kg!!! Der neu PB hat keine 48 Stunden gehalten. Was für ein Abschluss.
Nachdem der Fisch versorgt war, war an Schlafen nicht mehr zu denken – zu groß war der Adrenalin-Spiegel im Blut. Und während dieser allmählich abklang, genossen wir noch die angenehme Vollmondnacht und beobachteten die Fledermäuse.
Schließlich gelang es uns doch noch, ein paar Stunden Schlaf zu finden. Was auch gut war, denn am nächsten Morgen galt es, das Tackle einzupacken. Zufrieden und beseelt von den tollen Fängen traten wir unsere Heimreise an.
Und wären wir das taten, schmiedeten wir bereits neue Pläne für das kommende Jahr. Wir werden berichten.
Benjamin Heigl