Wir, die twelve ft. Redaktion, freuen uns immer, wenn uns Berichte – beziehungsweise, wie in diesem Fall: Fangberichte – zugespielt werden. Umso mehr, wenn der Bericht neben dem anglerischen Erfolg, dem er sich widmet, auch ein Bild davon vermittelt, wie Karpfenangeln Menschen miteinander verbinden kann. Wie ungleich schöner unser Hobby sein kann, wenn man die Freude über einen gefangen Fisch – oder auch mehrere Exemplare – miteinander teilen- und sich so dem eigentlichen Lebensgefühl des Karpfenangeln verschreiben kann. Dieses Gefühl weiterzugeben ist die hehre Bestimmung unseres Hobbys.
Umso schöner, wenn sich die Haltung zum Karpfenangeln fast automatisch einstellt. Die Vermittlung dieses Wir-Gefühls könnte im nachfolgenden Bericht von Ben Heigl wohl kaum größer sein. Dasselbe betrifft wohl auch die Freude darüber, welche Fische bei der Ausnahme-Session, von der die nachfolgenden Zeilen erzählen, das Innere des Keschers erblickten: Ben Heigl erzählt davon, wie er mit seinem Sohn zum alljährlichen Vater-Sohn-Angeln aufbrach. Der Bericht ist umso gelungener, als er neben der innigen Bande zwischen Vater und Sohn auch erweiterte Einblicke in taktische Erwägungen und anglerische Herausforderungen bietet.
Genug der Einleitung – Wir wünschen gute Unterhaltung und übergeben das Wort an dich, lieber Ben.
Unser Vater-Sohn-Ritual: Bekanntes Gewässer unter schwierigen Vorzeichen
Auch dieses Jahr sollte es zum jährlichen Vater-Sohn-Trip an den – uns bestens bekannten – See in Richtung Österreich gehen. Das Auto wurde bis zum letzten Winkel bepackt und nach drei Stunden Fahrt waren wir auch schon dort. Jetzt galt es auspacken, Ruten scharf machen, auslegen, das Camp aufbauen und Daumen drücken. In diesem Jahr hatte mein Sohn Emil auch die erste „eigene“ Rute im Wasser.
Gegebenheiten
Was die Bedingungen angeht, so hatten wir es auch dieses Mal nicht leicht. Zum einen war es die letzten Wochen sehr trocken, zumal die Hitzewelle ihren Höhepunkt gerade erst hinter sich gelassen hatte, wobei die Temperaturen sich noch immer jenseits 30 Grad-Marke einpendelten. Mit einer kleinen Ausnahme, auf die ich später noch eingehe, änderte sich während unseres 4 Tage-Trips nichts an diesen Wettervorzeichen, die es nicht ganz leicht machen würden, die Karpfen für unsere Köder zu begeistern.
Die zweite Herausforderung hing ebenfalls mittelbar mit dem Wetter zusammen. Sie bestand darin, dass nach anhaltenden Regenfällen im April und dem damit-verbundenem Wassereinbruch am südöstlichen Ufer nur noch wenig Struktur in Form von Plateaus oder Ähnlichem vorhanden war.
Also ging es darum, das Gewässer, das uns eigentlich bestens bekannt, war, neu zu sondieren.
Futterwahl:
Nachdem wir das getan- und eine Platzwahl getroffen hatten, widmeten wir uns der Frage des Futters. Diesmal legte ich meine ausgewählten Futterplätze mit einem gut ausgekochtem-, fermentiertem Maisteppich an. Bei der Wahl der Hakenköder stellten wir uns breit auf. 4 Ruten – vier verschiedene Hakenköder. Auf diese Weise wollten wir herausfinden, worauf die Fische unter diesen schwierigen Vorzeichen am ehesten anspringen. Die Geschmacksprofile bzw.Farbgebungen der Hookbaits fielen entsprechend unterschiedlich aus: Dickenmittel, Fermented Banana (Naturebaits) und Scopex Squid und ein weißer Citrus Pop Up.
Was wir allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnten: Es hat sich gezeigt, dass dies nicht ausschlaggebend sein wird, da jede der ausgelegten Fallen zum Run führte. Das war der Beginn einer Fangserie, auf die ich nachfolgend genauer eingehen will.
Fänge – ein sensationeller Start:
Der Reihe nach: Nach 12 Stunden – gegen 3 Uhr – lief die erste Rute ab. Erleichterung stellt sich ein, denn die Befürchtung, als „Schneider“ – also ohne Fisch – nach Hause zu fahren war damit für nichtig erklärt. Jedenfalls dann, wenn es uns gelingen würde, den Biss auch in einen Fang umzuwandeln.
Und das war gar nicht so leicht, denn der Drill war herausfordernd. Nicht nur, dass der Fisch allgemein-kampfstark war, wobei er im Versuch, sich des Hakens zu entledigen, stetige Bahnen von links nach rechts zog, sondern auch, dass sich die Schnur in einem hervorhängenden Ast in Ufernähe verfing. Nun war guter Rat teuer. Was tun? Ab ins Boot? Hoffen, dass er sich von alleine freischwimmen wird?…
Wir entschieden uns dazu, abzuwarten und dem Fisch die Möglichkeit zu geben, sich freizuschwimmen – was sich auch als richtige Entscheidung erwies. Nach einiger Zeit des Bangens zog der Kämpfer zog wieder ins freie Wasser, gefolgt von einem zögerlichen Drill – der Fisch sollte bloß nicht ausschlitzen –, ein Drill, in dessen Verlauf das erste Mal sein breites Kreuz im Lichtkegel der Stirnlampe zum Vorschein kam.
Der Rest des Drills verlief zum Glück reibungslos – Kurze Zeit später umschlossen ihn die Maschen des Keschers, sodass wir die tatsächlichen Ausmaße des Fisches begutachten konnte. Und was für Ausmaße das waren! Schließlich bestätigte auch die Waage, was uns der erste Anblick schon vermuten ließ – und was wir doch nicht so ganz fassen konnten: Die Waage zeigte unglaubliche 33,8 kg!
Konnte das wirklich stimmen? Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser: Ich habe aus Ungläubigkeit die Waage nochmal kontrolliert und tariert, aber das Ergebnis war korrekt. Damit habe ich nicht gerechnet. Der erste Fisch war direkt mein neuer PB.
Auch, wenn damit bereits in der ersten Nacht all unsere Erwartungen übertroffen wurden – nach Hause fahren wollten wir deshalb natürlich noch nicht.
Eine Beiss-Flaute ?! So ging es weiter…
Die nächsten zwei Tage waren mit Temperaturen um die 34 Grad und wenig Wind nicht nur in Bezug auf den Fangerfolg zäh. Zusammengefasst: Wir hatten keinen Fischkontakt, wobei auch keine anderweitigen Fisch-Aktivitäten im See zu erkennen waren.
Jedenfalls nicht in unserer Nähe. In anderen Gebieten am See wurde dennoch gefangen. Mein Sohn und Ich überbrückten diese Zeit anderweitig mit einer Mischung aus Kartenspielen und dem Hören von Radio und Hörbüchern. Nicht zuletzt half uns das ein oder andere abkühlende Bad im See half, die Hitzephase etwas angenehmer zu gestalten – eine willkommene Abwechslung allemal.
Ein Wetterwechsel….
Dann kam der dritte Morgen, der mit einem kurzen, aber heftigem Sommergewitter und entsprechendem Regenschauer begann. Wir genossen die Abkühlung und waren guter Dinge, dass sich der kurze Wetterumschwung positiv auswirken würde.
Diese Hoffnung wurde erfüllt: Vormittags fingen wir innerhalb von 2-3 Stunden 4 wunderbare Fische. Der erste davon war das Resultat eines Doppelruns, wobei der andere Fisch leider nicht den Weg auf unsere Matte fand. Ein kleiner Wermutstropfen.
Eine tolle Bilanz: Unser Ergebnis
Und trotzdem änderte dieser Fisch Nichts an unserer Freude über die gelandeten Exemplare, von denen eines schöner war, als das Andere. Schuppenbilder, von denen jeder Karpfenangler träumt. 3 Beautys und ihr vollbeschuppter Bruder.
Es blieb alleine die Frage: Wo haben die sich nur während der vergangenen Tage versteckt? Wir können nur vermuten, dass der Wetterwechsel hier den entscheiden Anreiz zum großen Fressen setzte – wie im Lehrbuch!
Fazit: Vier Tage-Fünf Fische. 33,8 kg, 23,5 kg, 21,4kg, 21,1 kg und 19,6 kg. Wenngleich das Gewicht – gerade vor dem Hintergrund, meinem Sohn das Angeln nahezubringen – eher Nebensache ist, so ist es doch allemal eine Erwähnung wert, zumal sich dieser gewichtige Erfolg umso nachhaltiger in die gemeinsam-gemachte Erfahrung einbrennt.
Zufrieden und beeindruckt von den schönen Fängen traten wir unsere Heimreise an.
Wir sind jetzt schon gespannt, was das nächste Jahr für uns bereithält.